Der Kanzelaltar in unserer Kirche

Wer die Figurengruppe über dem Kanzeldeckel im Zentrum unserer Kirche genau ansieht, stellt schnell fest, dass hier etwas nicht ganz stimmen kann. In der Mitte des oberen Wolkenringes ist zwar deutlich Gottvater erkennbar, der mit der rechten Hand nach unten deutet. Aber wieso steht dann eine Figur über ihm? Um welche biblische Szene soll es sich überhaupt handeln?

Es muss wohl die Geschichte von der Verklärung Christi sein, die hier dargestellt wird: Jesus steigt, begleitet von drei Jüngern auf einen Berg, wo ihm in einer großartigen Erscheinung Mose und Elia begegnen, die größten Repräsentanten des Alten Testamentes. Die Jünger sind begeistert. Da taucht auf einmal eine Wolke auf – Zeichen Gottes – und eine Stimme aus der Wolke spricht, auf Jesus weisend: „Dies ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören!“ (Matthäus 17,1-9)

Allerdings ist diese Geschichte in der aktuellen Anordnung der Figuren nicht mehr erkennbar: Gott deutet jetzt auf Elia, Mose steht vor der ganzen Gruppe und zwei Jünger sind in der heiligen Wolke platziert, wo sie nun wirklich nichts zu suchen haben. Dafür steht Jesus auf der oberen Wolke, direkt unter einer weiteren Christusfigur, die den Auferstandenen mit der Siegesfahne zeigt (auf der Fotografie nicht mehr abgebildet). Was ist hier geschehen?

Johann Georg Brenck, der die Figurengruppe etwa 1685 geschnitzt hat, hat sie ursprünglich sicher richtig aufgebaut, als er den Neudrossenfelder Kanzelaltar baute. Er hatte ja vorher schon die Kanzel mit Schalldeckel geschaffen, die in der Vorgängerkirche an einer Säule stand. Nun erhielt er den Auftrag, diese Kanzel zusammen mit anderen Kunstwerken aus der katholischen Zeit zu einem typisch evangelischen Kanzelaltar zusammenzufügen. Und das Giebelfeld über der Kanzel sollte er wohl mit einer Darstellung der Verklärung Christi füllen. Ich nehme an, dass er das auch korrekt tat, etwa so, wie es der hier gezeigte Rekonstruktionsver- such darstellt.

Als nun allerdings im Jahr 1753 die alte Jakobuskirche abgerissen wurde, um einem Neubau zu weichen, da musste auch der Kanzelaltar demontiert werden. Möglicherweise hoffte man ja, sich für die neue Kirche auch einen modernen Altar leisten zu können. Es kam bekanntlich anders, es musste gespart werden und der alte Altar wurde – heute sagen wir – glücklicherweise im neuen Gotteshaus wieder aufgestellt.

Meine Vermutung ist, dass man dabei den Sinn der Darstellung nicht mehr verstand und die Figuren nur noch irgendwie anordnete. Möglicherweise ging dabei auch
ein dritter Jünger – Jakobus – verloren.

Fotos, Text und Rekonstruktionsversuch: Claus Bergmann